Mit Omnichannel Branding ganzheitliche Kundenerlebnisse entwickeln
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Omnichannel Branding

Mit Omnichannel Branding ganzheitliche Kundenerlebnisse entwickeln

Die digitale Vernetzung schreitet rasant voran. Menschen nutzen physische und digitale Kanäle selbstverständlich parallel und sogar zeitgleich, und schon längst gehen Shopping im Laden und E-Commerce Hand in Hand. Ein ganzheitliches und aufeinander abgestimmtes Kundenerlebnis ist darum heute wichtiger denn je. Wann, wo und wie es Kunden passt.

Kunden nutzen die wachsenden digitalen Möglichkeiten: Gemäss mycustomer.com starten 67% der Kunden ihren Einkauf auf einem Gerät und schliessen den Kauf auf einem anderen ab. 80% aller Smartphone Shopper nutzen ihr Mobiltelefon als Hilfsmittel beim Einkaufen im Laden. 15-30% mehr Umsatz wird durch Omnichannel Kunden im Vergleich zu Singlechannel Kunden erzielt. Was bedeutet dies für die Markenführung? Mehr denn je rückt das Erlebnis der Marke als Ganzes in den Fokus.

Die Relevanz ganzheitlicher Kundenerlebnisse
Gerade weil sich Kunden heutzutage nicht mehr linear entlang eines Kaufprozesses bewegen, wird ein ganzheitliches Kundenerlebnis immer wichtiger. Früher zogen Kunden zu Beginn des Kauftrichters eine bestimmte Auswahl an Marken in Betracht, um diese im Ausschluss-Prinzip sukzessive zu verkleinern und sich schliesslich für den Kauf einer Marke zu entscheiden. Heute, wo sich Kunden regelmässig auf Vergleichsplattformen informieren und dort immer wieder auf neue Marken aufmerksam werden, vergrössert sich die Markenauswahl im Evaluationsprozess sogar. Das Orchestrieren und Abstimmen der einzelnen «Erlebnispunkte» aufeinander wird darum immer wichtiger, wenn Marken bei einer immer besser informierten, agileren und vernetzten Kundengeneration in die engere Wahl gelangen und dort verbleiben wollen. Eine industrieübergreifende Studie der Harvard Business Review (2013) beweist, dass das Kundenerlebnis als Ganzes deutlich stärker mit dem Unternehmens-Gesamtergebnis korreliert als die Performance von einzelnen Kontaktpunkten: Bezüglich Kundenzufriedenheit sind es 30-40% mehr, bei Parametern wie Umsatz, Wiederkaufs- und Weiterempfehlungsrate 20-30% mehr.
In welchem Kontext steht die Relevanz ganzheitlicher Kundenerlebnisse? Welche weiteren Entwicklungen lassen sich beobachten?

Entwicklungen im Kontext von Kundenerlebnissen
Folgende fünf Entwicklungen zeigen Veränderungsdynamiken auf, welche die Relevanz ganzheitlicher Kundenerlebnisse stärken.

1. Zunahme an Kontaktpunkten und Erlebnismomenten
Technologische Entwicklungen und Innovationen sind die zentralen Treiber für die Vermehrung von Kontaktpunkten mit Marken im Kundenerlebnis. Kunden haben immer mehr Kommunikations- und Absatzkanäle zur Verfügung, über die sie sich informieren, austauschen oder die sie als Verkaufspunkt nutzen – digital und physisch.

2. Von der Inszenierung einzelner Kontaktpunkte zur ganzheitlichen Erlebniswelt
Reine Marketingkommunikation und Werbung prägen zwar Teile des Markenerlebnisses, können aber bei weitem nicht alle Dimensionen durchdringen. Auch Themen wie Services, Interaktionen, Technologien, Architektur und Umgebungen, Mitarbeiterverhalten, haben einen grossen Einfluss auf das Kundenerlebnis.

3. Von der Kundenansprache zur Kundeninvolvierung 
Die Einwegkommunikation Marke – Kunde (z.B. über klassische «Push-Werbung») wandelt sich immer mehr zum Dialog zwischen der Marke und Kunden. Kunden suchen proaktiv Informationen oder geben Informationen aktiv an Freunde und Verwandte weiter, über entsprechende Community-Plattformen und Social Media.

4. Vom Markenfokus zum Kundenfokus
Die Digital Natives unter den Unternehmen wie Amazon oder Zalando sind bekannt dafür, Kundenwünsche zu antizipieren und das Kundenerlebnis so anzupassen, dass Kunden mit neuen Kontaktpunkten mehr Optionen und mehr Convenience geboten werden. So ermöglichen zum Beispiel die Amazon Dash Buttons ein einfaches Nachbestellen von Verbrauchsartikeln per Knopfdruck.

5. Von der Verkaufsförderung zu Loyalitätsbildung
Auch wenn einzelne Kontaktpunkte kurzfristige Abverkäufe steigern: Ganzheitliche Erlebnisse wirken langfristig und fördern werttreibende Parameter wie Vertrauen, Kaufwahrschein-lichkeit, Kundenzufriedenheit, Loyalität und Weiterempfehlungsbereitschaft. Getreu dem Motto: «A brand is what consumers tell you it is.»

Die Konsequenz für die Markenführung: Omnichannel
Um ein ganzheitliches Kundenerlebnis zu entwickeln, empfiehlt sich ein holistischer und disziplinübergreifender Ansatz für die Markenführung. Themen wie Mitarbeiterverhalten, Technologien, Produktinnovation oder Vertriebsorganisationen haben einen grossen Einfluss auf das Kundenerlebnis und müssen darum in die Markenführung miteinbezogen werden.

Die Realität sieht oft aber noch anders aus. Denn viele Unternehmen reduzieren die Markenführung noch stark auf ihre kommunikative Funktion mit Fokus auf das Management einzelner Kanäle. Was sind die Unterschiede zum Omnichannel Verständnis?

Multi vs. Omni

Multichannel
-  Fokus auf einzelne Kanäle (z.B. digital) inkl. Management einzelner Kanäle
-  Basiert auf einer unternehmensfokussierten Perspektive
-  Konzentriert sich auf Bedürfnisse
-  Fördert Transaktionen über mehrere Kanäle
-  Bezieht sich auf CRM-Daten, also gesammelte Kundeninformationen in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen

Omnichannel
-  Fokus auf ein ganzheitliches Erlebnis (sowohl physisch als auch digital) als zentrale Managementaufgabe
-  Basiert auf einer kundenfokussierten Perspektive
-  Konzentriert sich auf Wünsche, Vorlieben und Verhalten der Kunden
-  Fördert Interaktionen über verschiedene Geräte und Kanäle hinweg
-  Bezieht sich auf Big Data und berücksichtigt darin enthaltene Lebensstile und Räume

Die vier Erfolgsfaktoren im Umgang mit dem veränderten Kundenverhalten
In Anlehnung an eine Studie von Accenture (The New Omnichannel-Approach to Serving Customers, 2015) lassen sich vier nicht abschliessende Erfolgsfaktoren im Omnichannel Kontext zusammenfassen.

1. Den einzelnen Kunden kennen
Das Erlebnis: «Ich erwarte als Kunde erkannt zu werden, aufgrund meiner Präferenzen, meiner Anfragen, meiner Bestellungen. Ich erwarte massgeschneiderte Interaktionen, die auf frühere Aktivitäten Bezug nehmen, unabhängig wann und wo diese stattgefunden haben.»

Die Anforderung: Es gilt, datenunterstützte, personalisierte Erlebnisse zu schaffen, damit sich Kunden erkannt und verstanden fühlen. So lernt der Online-Herrenausstatter Outfittery seine Kunden durch gezielte Abfragen kennen und stellt Outfits basierend auf gesammelten Profildaten zusammen. Bei Zalando wird mit Kundenzwillingen experimentiert mit dem Ziel, Produktempfehlungen auf Kunden mit ähnlichem Einkaufsverhalten abzustützen.

2. Kundenwünsche vorausahnen
Das Erlebnis: «Ich erwarte proaktiv personalisierte Angebote und Produktvorschläge und die richtigen Informationen am richtigen Ort zur richtigen Zeit.»

Die Anforderung: Erlebnisse, die individuelle Bedürfnisse antizipieren. Amazon ahnt Kundenwünsche voraus und gibt Empfehlungen basierend auf dem Profil, Suchanfragen, eigenen Clicks, kürzlichen Bestellungen, vergleichbarer Profile und Wunschlisten. Und darüber hinaus: Amazon meldet 2014 ein Patent für ein Pre-Shipping System an. «Anticipated Logistics» weiss damit sogar, was Kunden kaufen, bevor sie bestellt haben. Der US Warenhausbetreiber Macy’s lancierte Beacons an bereits über 800 Standorten und nutzt die Technologie, um Kundenbewegungen im Laden zu tracken und damit individuelle Produktinformationen individuell zu platzieren.

3. Das Leben der Kunden vereinfachen
Das Erlebnis: «Ich erwarte einfache Interaktionen mit der Marke – wann, wo und wie es mir passt. Sie soll mir das Leben einfacher machen.»

Die Anforderung: Maximale Flexibilität in einem nahtlosen Erlebnis an allen Kontaktpunkten. Kunden befähigen, selbständig alle Optionen zu nutzen. So ermöglicht die deutsche Interior-Marke PLY dank der PLY App das Abbilden von Showroom-Möbeln in den eigenen vier Wänden. Wer stand nicht schon hilflos vor der Frage, ob ein Möbelstück wirklich ins Wohnzimmer passt?

4. Kunden wertschätzen
Das Erlebnis: «Mein Vertrauen und meine Treue lohnen sich, je länger ich die Marke nutze, desto mehr schätze ich sie.»

Die Anforderung: Dem Kunden die Kontrolle überlassen und seine Loyalität mit relevanten Anreizen erhöhen. Den Kunden wertschätzen heisst auch, seiner Meinung Gewicht geben. Dieses Prinzip hat der Fahrdienstvermittler UBER zum Prinzip erhoben: Sharing Economy über Sharing Feedback. Bereits fangen auch erste Versicherer an, Kunden für «vorbildliches» Verhalten zu belohnen und ermöglichen wie zum Beispiel der Schweizer Versicherer CSS (CSS MyStep) Prämienermässigungen auf Basis der Anzahl gelaufener Schritte: die erlaufene Gutschrift. Oder Versicherer belohnen Kunden für risikoarmes Fahren auf Grundlagen von Telemetriedaten, die automatisch an sie gesendet werden.

Herausforderungen bei der Zielgruppenansprache im Omnichannel Branding
«Knowing the consumer in the omnichannel world is not equal to knowing your target group. You need to understand the individual not the general consumer.» 
yoox-net-aporter group; ynap.com

Was sind auf Basis dieser Entwicklungen die Herausforderungen für die Markenführung? Die zentralen Themen bei der Zielgruppenansprache im Omnichannel Kontext lassen sich in folgende sechs Themenfelder gruppieren:

1. Online-Offline Vernetzung
80% aller Smartphone Nutzer benutzen ihr Gerät im Geschäft irgendwann während des Einkaufs. 50% aller Offline Einkäufe sind beeinflusst durch digitale Informationen. 39% der Retailer bringen Hinweise im Laden an, die Kunden auf digitale Kanäle leiten. Soweit die Zahlen (Worldplay 2015). Das Denken in Kanälen ist nicht mehr zeitgemäss. Zielgruppensegmentierungen, das Identifizieren von Personas, Use Cases und das Definieren individualisierter Customer Journeys sind Basis für ein vernetztes On- und Offline Erlebnis.

2. Content – die richtige Info zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort
65% der Kunden kaufen eher in einem Laden oder online, wenn sie relevante und personalisierte Angebote erhalten (Accenture Interactive, 2016). Die rasante technologische Entwicklung und damit verbunden die zunehmenden personalisierten Angebote unterstreichen gleichsam die Relevanz der passenden Botschaften und Inhalte. Welche Story schafft wo, wann und für wen die nötige Emotionalisierung, die über die reine Funktionalität technischer Geräte hinausweist?

3. Organisation Omnichannel Management
Die Vernetzung der Kanäle führt zur Frage der passenden kundenorientierten Unternehmensorganisation. Die integrierte, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit – oft noch nach Kanälen organisiert – wird unabdingbar. Davon betroffen sind zentrale Steuerungseinheiten wie:

-  Marke: Koordination und Management Kundenerlebnis
-  Kundenwissen: Strukturierung der Kundendaten für alle Abteilungen
-  Vertrieb: Koordination über Kanäle hinweg
-  Kundenservice: Koordination alle In- und Outbound Aktivitäten
-  Marketing: Koordination Kampagnen und Kundenansprache
-  Produktentwicklung/Innovation: Abstimmen des Service & Innovation Design auf die Kundenbedürfnisse
-  HR: Schulung und Entwicklung der Führungskräfte und Mitarbeitenden

4. Mitarbeitende und Brand Behavior
Das Orchestrieren eines ganzheitlichen Kundenerlebnisses setzt die passenden Mitarbeitenden voraus, die als Markenbotschafter das Erlebnis gestalten und prägen. Dies betrifft die …

… Rekrutierung: Ansprache von Talenten, die mit den benötigten Kompetenzen eine kundenzentrierte Organisation stützen.

… Befähigung: Schulung der Mitarbeitenden im Hinblick auf den Umgang mit Prozessen und Tools z.B. des Design Thinking als Methode der Innovationsförderung

… Kultur: Etablieren einer Kultur der Agilität, Offenheit, Kooperation und Innovation für ein personalisiertes Kundenerlebnis.

5. Interpretation und Umgang mit Daten
Die richtige Interpretation gesammelter Daten setzt die richtige Beobachtung und Kenntnis des Kundenverhaltens entlang der identifizierten Personas und Customer Journeys voraus. Damit verbunden ist auch der verantwortungsvolle Umgang mit Daten – ob Big, Small oder Smart Data genannt. Kunden verstehen, dass sie Daten hinterlassen, umso mehr erwarten sie einen verantwortlichen Umgang damit. Unternehmen müssen Datentransparenz schaffen: «Datenschutz der Zukunft heisst, dass der Bürger mit einem Klick die über ihn gespeicherten Daten ansehen, verändern und löschen kann.» (2b AHEAD Thinktank, 2015).

Um mit Omnichannel Branding ganzheitliche Kundenerlebnisse zu entwickeln und zu steuern, gehört es als strategisches Thema auf die Agenda der Unternehmensführung. Branding betrifft mehr denn je zentrale Steuerungsfunktionen eines Unternehmens. Nur so kann das ganzheitliche Potential der Unternehmensmarke – über ihre kommunikative Kraft hinaus – eingelöst werden. Die Benennung dieser neuen Disziplin ist sekundär: vielleicht geht das Markenmanagement künftig auf im «Customer Experience Management», auch eine Kombination als «Brand & Customer Experience Management» ist denkbar. Entscheidend bleibt alleinig der Fokus auf den Kunden. Denn dieser entscheidet über Erfolg oder Nichterfolg eines Unternehmens. Das bleibt auch im Omnichannel Zeitalter unverändert.

* Pascal Geissbühler ist Head of Strategy und Mitglied der Geschäftsleitung, Philippe Knupp ist Strategy Director bei dem auf Branding spezialisierten Beratungsunternehmen Branders, Zürich

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